Der Morgen dämmert und die ersten Sonnenstrahlen des Tages wecken uns behutsam auf.
Langsam strample ich mich frei. Heute Nacht ist so ein kräftiger Wind durch unser Lager geweht, dass ich mich möglichst tief in die Kissen und Decken vergraben hatte.
Ich richte mich auf und genieße die Wärme der Sonne. Auf der anderen Seite des Wasserlochs machen sich die ersten Dromedare auf den Weg in die Wüste.
Was für ein Kontrast: vor nicht einmal 48 Stunden waren wir noch in Teheran – jetzt sitzen wir irgendwo in der Wüste Kawir vor einer alten Karawanserei auf einer Pritsche, die uns als Nachtlager diente.
Von der Stadt in die Wüste
Alles begann mit der Busfahrt von Teheran nach Kashan. Die meisten Reisenden lassen diese vergleichsweise kleine Stadt auf ihrem Weg in den Süden einfach aus. Wir sind froh, dass wir es nicht getan haben.
Kashan besteht zu einem großen Teil nach wie vor aus den traditionellen Ziegel- und Lehmgebäuden. Zwar wurde die Stadt 1778 durch ein Erdbeben zerstört, das bot aber die Gelegenheit beim Wiederaufbau mit der feinsten Architektur des 18. Jahrhunderts zu glänzen.
Und die fasziniert uns nicht nur in unserem wunderschönen Gästehaus, sondern auch in der Moschee, auf dem Basar und in den Museen der Stadt.
Versteck unter der Erde
Nachdem wir Kashan ausgiebig erkundet haben, wollen wir uns auch noch die Umgebung ansehen und schließen uns dazu einer Tour an.
Wir sind zwei Taiwanesen, drei Franzosen, zwei Deutsche (wir natürlich), drei Taxifahrer und der Tourguide „Alex“.
Als erstes machen wir uns auf in die Oasenstadt Nooshabad (= kühles, leckeres Wasser). Hier gibt es eine nahezu 1.500 Jahre alte Untergrundstadt, in die sich die Bewohner bei Angriffen zurückziehen konnten. Lange Zeit hieß es die Geschichten von dieser geheimen Untergrundstadt seien nichts als alte Legenden. Denn nach dem letzten schweren Erdbeben wusste keiner mehr, wie man hinein gelangt. Doch vor ein paar Jahren wurde per Zufall einer der Eingänge wiederentdeckt. Seit dem wird mit Hochdruck daran gearbeitet, die Stadt Stück für Stück wieder freizulegen.
Sich durch diese kleinen, engen Gänge zu zwängen, sich vorzustellen wie die Leute hier unten Zuflucht suchten und Alex´s Erklärungen zu den cleveren Fallen und Schutzmaßnahmen zu lauschen war unglaublich beeindruckend, aber auch ein klein wenig beklemmend.
Sanddünen, Salz und Dance-Battle
Zurück in der Wärme des Tageslichts machen wir uns nun auf den Weg in die Wüste Kawir.
Kaum sind wir raus aus der Stadt, wird schnell klar, dass wir uns bislang in einer Oase aufgehalten haben. Die Landschaft wird zusehend karger und trockener.
Unsere drei Taxifahrer machen sich ein Spaß daraus, sich über kleine Schleichwege immer wieder gegenseitig zu überholen und den jeweils anderen in einer Staubwolke zurückzulassen.
Unser erster Stopp ist eine Gruppe malerischer Sanddünen. Typischer Touristenstop, aber egal. Wir lassen es uns natürlich nicht nehmen hinaufzuklettern, ein paar Fotos zu machen und die Hitze des Sandes an den nackten Füßen zu genießen.
Weiter gehts. Im Iran gibt es zwei große Wüsten: die Dascht-e Lut im Süden, mit dem heißesten Ort der Welt, an dem eine Oberflächentemperaturen von 70,7 °C gemessen wurde, und die Dascht-e Kawir im Norden, die große Salzwüste, in der wir uns gerade befinden.
Mitten in dieser endlos weiten, salzverkrusteten Ebene legen wir eine weitere Pause ein.
Es gibt Wassermelone und die Taxifahrer drehen die Musik auf. Hier draußen gibt es keine Sittenpolizei. Es stört keinen, wenn ich in der Hitze kein Kopftuch trage und wir ausgelassen durch die Gegend singen und tanzen – wir veranstalten sogar einen kleinen Nationen-Tanzwettstreit. Das wäre sonst nur hinter verschlossenen Türen möglich.
Abendessen mit Dromedaren
Als die Sonne untergeht, setzten wir unseren Weg fort zu der alten Karawanserei, in der wir die Nacht verbringen werden.
Mit seinen meterhohen Mauern und den Wachtürme wirkt das Gebäude eher wie einer Festung. Durch das massive Eingangsportal gelangt man in einen großen Innenhof mit jeder Menge kleiner Schlafzimmer und Stallungen.
Solche Karawansereien wurden entlang der Seidenstraße alle 35 km erbaut, um Reisenden nach einem anstrengenden Tagesmarsch die Gelegenheit zu geben ihre Vorräte aufzustocken und vor allem, um ihnen Schutz vor den Launen der Natur und marodierenden Räuberbanden zu bieten.
Heutzutage bedarf es leider einiger Fantasie, um sich das rege Treiben der alten Tage in den schmucklosen Mauern vorzustellen.
Nichtsdestotrotz genießen wir es hier zu sein. Wir schlagen unser Lager vor den Toren der Karawanserei auf – unter offenem Himmel und gleich neben dem großen Wasserloch. Hier machen wir ein Feuer und kochen gemeinsam unser Abendessen.
Neben den zahlreichen Geschichten, die Alex uns zu erzählen weiß, hält der Abend noch eine weitere Überraschung bereit.
Mit dem Einsetzten der Dämmerung haben nicht nur wir uns an der Karawanserei eingefunden, es zieht auch alle Dromedare der Umgebung hierher. Den Tag über haben sie in der Wüste verbracht, abends kommen sie her, um zu tränken.
Was uns die Fotoapparate zücken lässt, veranlasst Alex mit den Augen zu rollen: Touristen! Alle sind sie verrückt nach Dromedaren. Was ist daran bloß so besonders? 🙂
Die Zeit steht still
Tja, und nun sitzen wir hier – nach einer recht stürmischen Nacht in der Wüste – und beobachten wie die Dromedare der Sonne entgegen in die Wüste hinausziehen, das Bergpanorama im Hintergrund. Das hätte auch Walt Disney nicht schöner hinbekommen.
Nach dem Frühstück machen wir uns wieder auf den Weg. Und der führt uns in eins der ältesten Dörfer des Irans, nach Abyaneh. Dieses Bergdorf besteht ausschließlich aus traditionellen Häusern aus rotem Lehm und die Leute halten bis heute an ihrer alten Kultur fest. Das spiegelt sich sowohl in der Kleidung als auch in der Sprache wider. Das alte Mittel-Persisch, das hier noch gesprochen wird, versteht selbst unser iranischer Tourguide kaum.
Besonders amüsant fanden wir die Erläuterung der Türklopfer. Es gibt immer zwei verschiedene, einen für Männer und einen für Frauen. Die unterscheiden sich nicht nur in der Form, sondern auch im Klang. Solange sich also jeder daran hält, weiß man beim Klopfen gleich, wer vor der Tür steht. Welcher Türklopfer für welches Geschlecht steht…. ihr kommt schon drauf. 😉
Zum Abschluss der Tour essen wir in dem nächsten Dorf noch gemeinsam zu Mittag: Kebab im Park.
Dann heißt es aber Abschied nehmen und jeder wird zu seinem nächsten Zielort gebracht.
Für uns ist das Isfahan – das kulturelle Zentrum des Irans.
(Fotos by Manuel)
Die Tour haben wir über Hossein Moznebi organisiert. Ein Anruf genügte und er traf sich noch am selben Tag mit uns in unserem Hostel, damit wir gemeinsam die Tour planen konnte. Wir waren mit seiner Arbeit zufrieden.
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