Wir wollen mehr
Unsere ersten Tage in Kirgistan und unser Ausflug in den Al-Archa Nationalpark waren fantastisch – wir haben Blut geleckt und wollen unbedingt mehr davon.
Nachdem wir in den letzten Ländern überwiegend durch Städte gereist sind, tut es nun richtig gut mal wieder raus in die Natur zu kommen.
Beim den geselligen Abendessen in unserem Hostel in Bishkek, erzählen uns die anderen Backpacker jede Menge Geschichten von ihren Erlebnissen in Kirgistan und geben uns Tipps wo man hin reisen und was man nicht verpassen sollte.
Als erstes machen wir uns auf in den Osten und reisen am Yssykköl, dem zweitgrößten Gebirgssee der Welt, entlang nach Karakol. Der See ist ist im Sommer ein beliebtes Urlaubsziel. Man sollte sich von der Bedeutung seines Namens „heißer See“ aber nicht in die Irre führen lassen. Der bezieht sich nämlich nur darauf, dass der leicht salzige See im Winter nicht zufriert. Uns ist es Ende September schon ein wenig zu kalt, um noch hineinzuspringen.
Eigentlich haben wir hier eine drei- bis fünftägige Wanderung geplant. Leider hat Manuel aber seit unserem Ausflug ins Al-Archa mit einer alten Knie-Verletzung zu kämpfen, die sich als deutlich hartnäckiger herausstellt als erwartet. Sehr, sehr ärgerlich, aber die Gesundheit geht natürlich vor.
Unter diesen Umständen überspringen schweren Herzens die Wanderung und gehen direkt zum anschließenden Entspannungsprogramm über. Dafür fahren wir allerdings nicht zu den berühmten und vielbesuchten heißen Quellen in Altyn Arashan, sondern beherzigen den Geheimtipp unser israelischen Freunde und fahren ins Nachbardorf Kyzyl-Suu.
Heiße Quellen und neue Freunde
Nach einer etwas abenteuerlichen 2-Stunden-Fahrt vom Dorf zu den Quellen, werden wir aufs wärmste empfangen und zwar von Charilla, die dort im Sommer ein kleines, einfaches Gästehaus betreibt, und ihrem Hund Sholbors (kirgisisch für Tiger).
Die heißen Quellen sind in kleine Becken eingefasst; zwei im Hause und eins draußen direkt neben dem eiskalten Gebirgsbach. Der Boden der Becken ist offen, sodass das heiße Wasser und ein leichter Schwefelgeruch durch das Felsgestein an die Oberfläche sprudeln können. Wir lassen uns natürlich nicht lange bitten und testen alle drei sofort aus. Es dauert einen kleinen Moment bis man sich an die Temperatur gewöhnt hat, aber dann ist es herrlich entspannend, wenn diese wohlige Wärme den ganzen Körper durchdringt. Als wir zurück ins Gästehaus kommen, wartete Charilla schon mit einem warmen Abendessen auf uns: Ein herzhafter Eintop aus Kartoffeln und frisch gepflückten Pilzen; dazu selbst gemachter Kräutertee. Es schmeckt so unglaublich gut, dass ich am liebsten noch den Topf auslecken würde (Keine Sorge, Mama, ich konnte mich gerade noch beherrschen). Ein Verdauungsspaziergang ist uns danach zu anstrengend, wir legen uns lieber zusammen mit Tiger auf dem nah gelegenen Hügel ins Gras und lassen uns die untergehende Sonne auf die vollen Bäuche strahlen.
Die Landschaft ist wieder einmal wunderschön, geradezu malerisch. Grüne Wiese, dunkle Tannen, schneebedeckte Berggipfel, ein glasklarer Bach und strahlender Sonnenschein. Was – oder besser gesagt wer – unseren Ausflug aber letzten Endes zu einem Erlebnis der besonderen Art macht, ist Tiger. Der nimmt seine Rolle als unser Begleiter nämlich ausgesprochen ernst.
Die meiste Zeit trottet er ein paar Längen voraus und sieht nur gelegentlich nach, ob wir im auch folgen. Sobald sich uns aber nur das kleinste Hindernis in den Weg stellt, ist er sofort zur Stelle, um uns zu helfen.
Zum Beispiel als wir auf eine Gruppe von etwa 20 Pferden treffen, die gemütlich, mitten auf dem Weg in der Sonne dösen. Tiger hält direkt vor ihnen an und lässt sich geduldig von den neugierigen Jungtieren beschnuppern, während er darauf wartet, dass wir zu ihm aufschließen. Kaum setze ich den ersten Fuß neben ihn, da bellt er einmal kräftig und die Pferde springen erschrocken auseinander und geben so den Weg frei. Was für ein cleverer Hund!
Ähnliches spielt sich ab, als wir einen kleinen Flusslauf überqueren müssen. Tiger wartet wieder bis er sicher ist, dass wir ihn gut sehen können, läuft ein Stückchen stromaufwärts und zeigt uns eine Holzplanke, über die man trocken Fußes auf die andere Seite gelangen kann. Dort wartet er bis wir beide drüben sind und läuft dann wieder schwanzwedelnd voraus.
Alles in allem war es ein wunderbar entspannter Tag und als wir am Abend Charilla von unseren Erlebnissen berichten, lacht sie und meint ganz erstaunt, so etwas hätte Tiger noch nie gemacht. Tja, wer hätte gedacht, dass man mit ein paar Streicheleinheiten und Liebkosungen einen so treuen Tourguide auf vier Pfoten für sich gewinnt?!
Die Flügel eines Mannes sind sein Pferd (Kirgisisches Sprichwort)
Wir reisen wieder zurück landeinwärts und machen uns auf den Weg einen der schönsten Bergseen Zentralasiens zu erkunden: den Song Kul. Ob der tatsächlich so schön ist, wie beschrieben, gilt es noch herauszufinden; auf 3.016 m ist er aber definitiv der höchst gelegenste.
Von der Stadt Kochkor aus starten wir einen 3-Tage-Tripp. Mit der Hilfe von Shepherd´s Life haben wir organisiert, worauf wir uns schon lange freuen: Pferdetrekking!
Zwei Tage brauchen wir für den Weg vom Kyzart Pass zum Song Kul – die legen wir zusammen mit unserem Tourguide Samat zu Pferd zurück. Den dritten Tag wandern wir am See entlang. Übernachten dürfen wir bei verschiedenen Hirten in den traditionellen Yurten.
Zu allererst machen wir uns mit unseren Pferden bekannt…..oder vielmehr Ponys. Denn entsprechend der bergigen Umgebung sind die Tiere eher klein, dafür aber unglaublich stark und zäh! Manuels neuer Freund heißt Buru, meiner Kook.
Am späten Nachmittag kommen wir an der ersten Yurte an und während Samat in einem ultra coolen, kunterbunten, alten Bus das Abendessen vorbereitet, kümmern wir uns um die Pferde. Damit die von dem kargen Gras auch satt werden und sich über Nacht ausruhen können, müssen sie sich schon noch ein bisschen bewegen können – sollten nach Möglichkeit aber auch nicht weglaufen. Die kirgisische Lösung für dieses Problem ist simpel und effektiv: den Pferden werden einfach die Vorderbeine zusammengebunden. Sie können sich nach wie vor frei bewegen, sind nur deutlich langsamer. Denn sie können nicht mehr laufen, sondern nur noch hopsen. Deutschen Pferdehaltern mag das komisch vorkommen, die Tiere hier sind es aber gewöhnt und stören sich kein bisschen daran. Nach dem Essen machen wir es uns in unseren Betten bequem. Ende September wird es nachts schon ganz schön kalt. Gott sei Dank, dass diese wunderschönen Yurten alle mit kleinen Öfen ausgestattet sind, die sie kuschelig warm halten. Aber womit heizt man mitten in den Bergen, wo keine Bäume wachsen? Mit Mist! Getrocknetem Kuh- oder Schafmist, zusammengepresst in handliche Briketts. Ökologisch, effizient und erstaunlich geruchsarm.
Auf den Bergkuppen halten wir kurz an, um sie verschnaufen zu lassen und wenn ich dann in diese unfassbar schöne Weite blicke, kann ich keinen einzigen klaren Gedanken mehr fassen. Der Wind pustet einfach alles fort. Man tut nichts als atmen und trotzdem fühlt man sich lebendiger als je zuvor!!!
Ganz im Gegensatz zum traditionellen Abendessen. Denn das war köstlich. Erst gab es Laghman – Nudelsuppe mit Hammelfleisch und Gemüse – und anschließend frisches Fladenbrot mit Rahm und Fruchtkompott.
Es sind keine 100 km bis in die Stadt und doch brauchen wir drei einhalb Stunden. Da wir aber glücklicherweise nicht selbst fahren müssen, kann ich mir getrost die Nase am Fester platt drücken, um ein letztes Mal diese spektakuläre Berglandschaft zu genießen und die Yaks zu zählen, die an den Abhängen grasen.
Das Video: „Pferdetrekking zum Song Kul“
Auch bei unserem Trip zum Song Kul hat Caro wieder fleißig mit ihrer GoPro gefilmt. Daher ohne große Vorrede: Viel Spaß mit unserem Video „Pferdetrekking zum Song Kul“ !!!!
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